CRM Trends 2018: Erfolgsmessung des CX Managements. Ist der NPS wirklich die Masterkennzahl?

Launige Worte zum Einstieg: Zur Zeit ist immens viel los, wir bereiten zur Zeit spannende  Forschungsprojekte rund um das Zusammenwirken von digitalen und nicht digitalen Touchpoints vor, haben zwei Papers im Reviewprozess und am Montag startet die CCW. Customer Experience Management ist also in aller Munde. Interessanterweise, gab es in dieser Woche drüben auf LinkedIn eine kurze Diskussion über die Güte von CX Kennzahlen, wie dem Net Promotor Score. Darauf zahlen auch die Beiträge meines Kollegen Jan-Erik Baars rund um den CC-Score bspw. im Marketing-Review St.Gallen ein.  Gleichzeitig, habe ich in den CRM Trends 2018 darauf hingewiesen, dass FCR und Cost to Serve zu neuen Masterkennzahlen im Kundenservice werden. Zu diesem Thema habe ich in der kommenden Ausgabe vom "Contact Management Magazin" mal die Kennzahlen von über 400 Millionen Kundenkontakten pro Jahr durch das Service-Excellence Cockpit ausgewertet. Dabei sind sehr spannende Erkenntnisse zustande gekommen. Doch bevor wir an dieser Stelle zu den Fähigkeiten des Unternehmens kommen, Erlebnisepisoden und damit die gesamt Beziehung anhand der Customer Journey zu gestalten, muss zwingend ein Wort zur Erfolgsmessung verloren werden.

Erfolgsmessung der CX Managements. Ist der NPS wirklich die Masterkennzahl?

In der Praxis hat sich die Kennzahl des Net Promotor Score (NPS) in den letzten Jahren zu einem weltweiten Standard entwickelt. Das liegt vor allem daran, dass er einfach zu verstehen und einfach zu erheben ist. Also vorstandstauglich, wie meine Beratungskollegen sagen würden. Und das macht ihn vor allem erfolgreich: Organisationen wie beispielsweise die Allianz Versicherung oder Sunrise steuern inzwischen ihr gesamtes Geschäftsmodell nach diesem Score. Dahinter steht die Frage: "Würden Sie uns weiterempfehlen?"  Der Kunde antwortet auf einer 11er Skala von "0" bis "10". Die Gruppe derjenigen, welche "9" oder "10" geantwortet haben, nennt man (vollkommen willkürlich) die "Promotoren". Diese empfehlen auf jeden Fall das Unternehmen weiter und sind langfristig emotional gebunden.  Von dieser Gruppe zieht man die Gruppe der sogenannten (ebenso willkürlich definierten) "Detraktoren" ab. Diese haben die Frage mit "0" bis "6" beantwortet. Die Gruppe der "Neutralen" mit der Bewertung "7" und "8" lässt man bei der Betrachtung aussen vor. Sie ist momentan zufrieden aber nicht speziell emotional verbunden. Der NPS ist also eine Kennzahl, die sich zwischen -100 (100% der befragten Kunden sind Detraktoren) und +100 (100% der befragten Kunden sind Promotoren) bewegt. Die Anzahl der Promotoren ist also eine Art "gemeinsame Währung" für die Qualität der Kundenbeziehung. So weit, so gut.

Jedoch zeigen sich bei dieser Art der Messung vor allem langfristige Einschätzungen der gesamten Kundenbeziehungen. Auch ist nicht gesagt, dass der befragte Kunde überhaupt in letzter Zeit Kontakt mit einem Touchpoint hatte. Darüber hinaus existiert mit der Messung der Kundenzufriedenheit ein zweiter Erfolgsindikator, der (zumindest wissenschaftlich) weit besser erforscht ist. Hinzu kommt mit dem Customer Effort Score eine Kennzahl die den gefühlten Aufwand des Kunden, um sein Anliegen zu erledigen bzw. durch das Unternehmen erledigt zu bekommen. Akademische Publikationen und die Diskussion mit Praktikern zeigt, dass es sinnvoll ist, für die optimale Beeinflussung der Kundenerfahrung mit einem Unternehmen eine Kombination dieser Kennzahlen zu wählen.

Für die Führung mittels solcher Kennzahlen ist natürlich Transparenz angebracht. Nicht ist schöner, als wenn ein Erlebnis durch den Kunden als "empfehlungswürdig" klassifiziert wird, das dem leistungsfähigen und  offenbar auch -bereiten involvierten Mitarbeiter auch mitzuteilen. Dies nutzen führende Unternehmen bereits, um Wettbewerbe unter Ihren Mitarbeitern zu fördern, welche um die besten Kundenbewertungen ausgetragen werden. Das motiviert natürlich zu Spitzenleistungen.

Wichtig ist, gerade bei recht generalistischen Bewertungen der Kundenbeziehung das "Warum". Wie ist die Bewertung zustande gekommen? Liegt es am Agenten? Gab es keine oder nur eine für den Kunden unbefriedigende Lösung? Oder was genau hat den Kunden jetzt genau begeistert. Daher sollten gerade die NPS Gruppen der "Detraktoren" und der "Promotoren" zu den Ursachen der Bewertung befragt werden. Nur so kann die Organisation aber auch der einzelne Mitarbeiter lernen, was genau Kunden im Kontakt mit dem Unternehmen begeistert. Gerade die Verknüpfung zwischen der Auswahl des Kennzahlen-Sets und der Lernschleifen im Unternehmen hat sich in der Praxis als zielführend erwiesen.

Darüber hinaus hat sich seit einigen Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich "schlechte" Customer Experience nicht rechnet. Gerade im After-Sales Service sind Kunden viel beharrlicher, wenn es darum geht, von einem Unternehmen eine verlässliche richtige Lösung zu bekommen als man denkt. So nehmen sie oft Wartezeiten in Kauf oder kontaktieren das Unternehmen wegen desselben Problems mehrfach über verschiedene Touchpoints. Um diese "unnötigen" Kosten zu senken, benötigt das Unternehmen jedoch Steuerungssysteme, die auf die schnelle Lösung im ersten Anlauf (First Contact Resolution Rate) zu vertretbaren Gesamt-Kosten (Cost to Serve) abzielen. Auf der Basis dieser Informationen kann beispielsweise über eine sinnvolle Automation oder eine Kompetenzentwicklung bei einem persönlich bedienenden Mitarbeiter entschieden werden.

Überhaupt wird das Thema der Integration von Kostenbetrachtungen in das Customer Experience Management noch viel zu wenig methodisch unterstützt. Hier sind die Arbeiten meines Kollegen Stan Maklan von der Cranfield University hervorzuheben. Er hat untersucht, wie die Royal Bank of Scotland (RBS) unter grossem Kostendruck, ihre Customer Journey analysiert hat. Dabei zerlegt die RBS die Journey in die einzelnen Kundenentscheidungsschritte, identifiziert die Services, die RBS in diesem Schritt anbietet, analysiert die Relevanz dieser Services aus der Perspektive des Kunden, die für RBS entstehenden Kosten und die durch den Kunden wahrgenommene Qualität dieser Services anhand NPS, Kundenzufriedenheit und Customer Effort Score. Das Zusammenbringen dieser drei Perspektiven (Schritte aus Kundenperspektive, Services und Kosten aus Unternehmensperspektive und Qualität wiederum aus Kundenperspektive) lässt RBS beurteilen, wo die grössten Hebel in der Verbesserung des Kundenerlebnisses sind. Die Auswahl der richtigen KPIs trägt also dazu bei, Ansatzpunkte zu finden, wo man mit einer Verbesserung des Kundenerlebnisses beginnen sollte und hilft durch diese Priorisierung, Komplexität zu bewältigen und Fokus herzustellen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Swiss Contact Day mit golden Headset und EVA

CRM Trends 2012: Ein Geben und Nehmen – Wie kommen Unternehmen an Kundendaten und was geben sie dafür?

CEX Trendradar 2023: Die grosse Chance in Krisenzeiten